Bild: iStock, Warchi

Zerfällt unsere Gesellschaft in Echokammern und Filterblasen?

Echokammern und Filterblasen sind eigentlich etwas zum Menschen Gehörendes. Wir bewegen uns tagtäglich und seit jeher in abgeschotteten Informationsräumen. Filterblasen sind im Alltag sogar sehr nützlich. Sie reduzieren die heutige Informationsflut auf ein erträgliches Minimum und liefern uns gleichzeitig die notwendigen Informationen.
 
Der Begriff «Filterblase» geht auf ein Buch des Internetaktivisten Eli Pariser zurück (Filter Bubble: Wie wir im Internet entmündigt werden). Laut ihm entsteht die Filterblase durch die algorithmische Voraussage von Informationen, die ein User finden möchte. Für diese Vorhersagen werden bereits Informationen über die Nutzerin oder den Nutzer gesammelt (z. B. das Klickverhalten, Suchverlauf, Standort, die Likes). Google und andere Suchmaschinen speichern kontinuierlich sämtliche privaten Suchanfragen und Seitenaufrufe. Diese werden dann mit Informationen wie Alter und Geschlecht der Nutzenden, die sehr einfach ermittelt werden können, kombiniert. Alle diese gesammelten Daten ergeben dann ein ziemlich präzises Persönlichkeitsprofil. Anhand dieser Daten konfiguriert die Suchmaschine für jede Nutzerin und jeden Nutzer individuelle Ergebnisseiten.
 
Facebook, YouTube und Co. sind darauf programmiert, Inhalte anzuzeigen, die für die jeweilige Person relevant sind. Sie wollen, dass wir möglichst lange auf ihrer Seite bleiben, damit wir a) möglichst viel Werbung konsumieren und b) möglichst viele Informationen über uns hinterlassen, damit die Werbung zielgruppengenau zu uns passt (oder um diese Informationen zu verkaufen). Wer immer wieder nach bestimmten Themen sucht, wird automatisch mit neuen Informationen zu diesem Thema versorgt. Durch die algorithmische Vorhersage bleiben zeitgleich allerdings auch Inhalte (beispielsweise Posts, Nachrichten oder Videos) verborgen, die nicht den errechneten Vorlieben oder Ansichten der Nutzerin oder dem Nutzer entsprechen. Folglich werden gegensätzliche Standpunkte und Meinungen nicht sichtbar. Wir sehen nur noch das, was unsere Meinung bestärkt. Abweichende Standpunkte werden ausgeblendet. So bleiben wir in unserer eigenen Filterblase.
 
Viele Menschen neigen dazu, sich in sozialen Netzwerken mit Gleichgesinnten zu umgeben und sich dabei gegenseitig in der eigenen Position und Meinung zu bestärken. Sie müssen sich somit nicht mehr mit anderen, eventuell gegenläufigen Meinungen in einer Gesellschaft auseinandersetzen. Dieses Phänomen wird mit dem Begriff «Echokammer» beschrieben. In der Gruppe wird dann «geteilt» und «gelikt» und man erhält aus ähnlichen Kreisen Freundschaftsanfragen. Die Echokammer wächst. Facebook und Co. unterstützen und verstärken diesen Effekt: Auch hier sorgen die Algorithmen dafür, dass vor allem Inhalte und Likes von Gleichgesinnten angezeigt werden. «Echokammer» und «Filterblase» sind besonders problematisch, wenn Hasspropaganda und Hetze durch den sogenannten «Echokammer-Effekt» noch verstärkt werden. Wer seine Informationen hauptsächlich aus dem gleichen Gruppenkreis bekommt und Falschmeldungen nicht richtig einschätzen kann, bewegt sich nur noch mit eingeschränkter Weltsicht durchs Netz, abgeschottet in seiner «Informations- oder Filterblase». Dabei wäre die Auseinandersetzung mit anderen Meinungen eine Möglichkeit, um eine differenzierte Sichtweise zu bekommen.

 


Fragestellungen zum Thema:

  1. Wie und wo informieren Sie sich online?
  2. Was kann man gegen Filterblasen machen?

Vorprogrammiert: Wie entstehen Filterblasen?

#kurzerklärt: Facebook und Google – Filterblasen gefährden Demokratie

Experiment: Ich ziehe in die Filterbubble