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Im Westen nichts Neues

Nach den Schrecken des Ersten Weltkriegs versuchten die Menschen, ihre Erlebnisse zu verarbeiten. Gerade in der Literatur wurden die Kriegseindrücke und die Hilflosigkeit der Soldaten thematisiert – «Im Westen nichts Neues» ist eines der bekanntesten Werke.

Erich Maria Remarque wurde wie viele andere junge Männer während des Ersten Weltkriegs eingezogen und in den Krieg geschickt. An der Westfront wurde er schwer verletzt und blieb bis zum Ende des Krieges in einem Militärkrankenhaus.
Nach dem Krieg begann er die Arbeit an «Im Westen nichts Neues». Ab 1928 erschien das Werk als Fortsetzungsroman in einer Zeitung; 1929 erschien es dann in Buchform. Das Buch wurde ein weltweiter Erfolg und wurde in viele Sprachen übersetzt.

Der Roman erzählt die Geschichte des Gymnasiasten Paul Bäumer und seiner Klassenkameraden, die von ihrem patriotischen Lehrer dazu gebracht werden, sich freiwillig für den Krieg zu melden. Ihre naive Kriegsbegeisterung wird bereits in der Kaserne durch einen sadistischen Ausbilder gedämpft; an der Front erkennen sie schliesslich die Sinnlosigkeit des Krieges.

 


Auftrag 1:

Lesen Sie den Textausschnitt genau durch.


Eine Granate knall. Gleich darauf zwei andere. Und schon geht es los. Ein Feuerüberfall. Maschinengewehre knattern. Jetzt gibt es vorläufig nichts anderes, als liegenzubleiben. (...) Ich liege gekrümmt in einem grossen Trichter, die Beine im Wasser bis zum Bauch. (...) Es klirrt über mich hinweg, der erste Trupp ist vorbei. Ich habe nur den einen zersprengenden Gedanken gehabt: Was tust du, wenn jemand in deinen Trichter springt? – Jetzt zerre ich rasch den kleinen Dolch heraus, fasse ihn fest und verberge ihn mit der Hand wieder im Schlamm. (...) Gerade will ich mich etwas umdrehen, da poltert es, und schwer und klatschend fällt ein Körper zu mir in den Trichter, rutscht ab, liegt auf mir –
Ich denke nichts, ich fasse keinen Entschluss – ich stosse rasend zu und fühle nur, wie der Körper zuckt und dann weich wird und zusammensackt. Meine Hand ist klebrig und nass, als ich zu mir komme.
Der andere röchelt. Es scheint mir, als ob er brüllt, jeder Atemzug ist wie ein Schrei, ein Donnern – aber es sind nur meine Adern, die so klopfen. Ich möchte ihm den Mund zuhalten, Erde hineinstopfen, noch einmal zustechen, er soll still sein, er verrät mich (...). Er ist der erste Mensch, den ich mit meinen Händen getötet habe, den ich genau sehen kann, dessen Sterben mein Werk ist. (...) Ich würde viel darum geben, wenn er am Leben bliebe. Es ist schwer, dazuliegen und ihn sehen und hören zu müssen.
Nachmittags um drei Uhr ist er tot.
Ich atme auf. Doch nur für kurze Zeit. Das Schweigen erscheint mir bald noch schwerer zu ertragen als das Stöhnen. Ich wollte, das Röcheln wäre wieder da, stossweise, heiser, einfach pfeifend leise und dann wieder heiser und laut.

Quelle: «lm Westen nichts Neues» von Erich Maria Remarque
@ 1929 by New York University, successor-in-interest to the literary rights of The Estate of the Late Paulette Goddard Remarque
@ 1959, 2014, Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln


Auftrag 2:

Was löst der Text bei Ihnen aus? Fühlen Sie sich betroffen oder nicht? Notieren Sie fünf Stichworte.

 


Filmausschnitt «Im Westen nichts Neues»